Juden in Berlin

Mit der Hilfe des Himmels...

 
Judentum und Israel
haGalil onLine - http://www.hagalil.com

Deutschland im Dezember 2004 und im Januar, Februar, März, April, Mai, Juni 2005

[Urgent Call for Your Help] [Nicht Reden! Handeln!]
[Sign Our Petition] [Unterschreiben Sie den "Offenen Brief"]

haGalil e.V., Münchner Bank BLZ 701 900 00, Konto Nr. 872 091
Weitere Angaben zu Überweisungen aus dem Ausland (BIC/IBAN), Lastschriftverfahren, PayPal, Support & Honour, Spendequittungen etc. finden Sie auf den Seiten des haGalil e.V...

 

Berliner Zeitung

[Zeichen des Alltags]

Der unbekannte Alltag

Im Centrum Judaicum informiert eine Ausstellung über jüdisches Leben in Deutschland

Beim Cheeseburger ist noch alles klar. "Nicht koscher", sagt der 15-Jährige aus Bielefeld, und sein Vater ergänzt: "Milch und Fleisch dürfen nicht zusammen gegessen werden." Ein Blick auf die Leuchttafel im Treppenhaus der Neuen Synagoge bestätigt es. Unter einem orangen Burger-Zeichen steht: "Ein Cheeseburger kann niemals koscher sein." Aber wie sieht sonst der Alltag von jüdischen Deutschen aus? Müssen junge Juden zur Bundeswehr? Gibt es weibliche Rabbiner? Wie viele Juden besuchen regelmäßig die Synagoge? Da müssen Vater und Sohn, die an diesem Freitag durch die Ausstellung im Centrum Judaicum schlendern, passen. "Ich weiß nichts über den jüdischen Alltag", sagt der Junge. "In der Schule haben wir über die Nazi-Zeit gesprochen, aber nicht über so was."

Chana Schütz vom Centrum Judaicum findet das nicht verwunderlich. "Die meisten Nicht-Juden in Deutschland wissen ganz gut über die Geschichte Bescheid", sagt sie. Nur die Gegenwart sei ihnen kaum bekannt. "Fragen zur Privatsphäre von Juden wagen viele nicht zu stellen." Das Centrum Judaicum hat daher die Wanderausstellung "Zeichen des Alltags" eingeladen. Die Kunstinstallation, entwickelt vom Berliner Ausstellungsbüro x:hibit und dem Jüdischen Museum Franken, ist bis zum 20. Mai zu sehen. Sie soll Vorurteile ausräumen und das Thema "Juden in Deutschland" mal unkonventionell behandeln.

Inmitten der historischen Dauerausstellung über die Geschichte der Neuen Synagoge stehen 26 Leuchttafeln. Jede Tafel ist mit einem Symbol, einem so genannten Piktogramm, und mit einem kurzen Text versehen. Das wirkt großstädtisch und modern - ein gewollter Kontrast zu den alten Thorarollen, Lampen und Steinen in den Glasvitrinen der Dauerausstellung. Auf einer Tafel leuchten zwei gelbe Eheringe. Darunter steht, dass es seit 1987 in Frankfurt eine jüdische Heiratsvermittlung gibt. Etwa einmal im Monat gelinge eine Eheanbahnung. Auf anderen Leuchttafeln werden die Internet-Adresse für jüdische Nachrichten und ein Verein für schwule, lesbische und bisexuelle Juden genannt. Eine Tafel berichtet vom Service des Berliner Hotels Savoy: Damit Gäste die Shabbat-Ruhe einhalten können, gibt es eigens Angestellte, die ihnen die Türen aufschließen und für sie den Lift bedienen.

"Ich finde das alles sehr interessant", sagt Susanne Nordsieck, eine alte Dame, die aus dem Ruhrgebiet für ein Wochenende in Berlin ist. Sie hat viel über die jüdische Geschichte gelesen, aber jüdische Bekannte hat sie nicht: "Es gibt ja kaum noch Juden bei uns." Die 70-Jährige beugt sich vor, um zu lesen, was unter einem leuchtend orangen Hakenkreuz steht: Jeden dritten Tag werde in Deutschland ein jüdischer Friedhof geschändet. Versicherungen weigerten sich inzwischen, Verträge mit jüdischen Gemeinden abzuschließen. Susanne Nordsieck atmet tief durch: "Das ist erschütternd."

Die meisten Besucher sind Touristen. Sie wollen in erster Linie etwas über die Geschichte der Neuen Synagoge erfahren. Die Wanderausstellung ist für sie eine willkommene Ergänzung. Ein Mann liest seinen beiden Jungen vor, dass ein bis zwei Prozent der jüdischen Deutschen am Shabbat eine Synagoge besuchen. Er ist überrascht: "Ich dachte, es sind viel mehr." Zwei junge Frauen aus Westdeutschland haben bislang angenommen, dass alle Juden vom Wehrdienst befreit sind. Nun lesen sie, dass nur die Kinder und Enkel von NS-Verfolgten nicht zur Bundeswehr müssen.

Enttäuscht reagiert nur eine Amerikanerin auf die Ausstellung: Sie kann die Texte nicht lesen, weil sie nur in Deutsch und Russisch verfasst wurden - Letzteres, um jüdische Immigranten aus Osteuropa anzusprechen "Ich hätte gerne mehr über die Situation von Juden in Deutschland gewusst", sagt die Amerikanerin. Zum Beispiel: "Warum stehen so viele Polizisten vor der Synagoge? Warum müssen alle Ausstellungsbesucher durch eine Sicherheitsschleuse?" Die Wachleute können es ihr sagen: Auch die Furcht vor Anschlägen gehört zum jüdischen Alltag in Deutschland.

[Zeichen des Alltags]
Jüdisches Leben in Berlin

 

 

ANZEIGE



DE-Titel
US-Titel


haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln die Meinungen der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

Kontakt: hagalil@hagalil.com / 0179-1121546
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © by haGalil onLine®
bzw. den angegebenen Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved
haGalil onLine - Editorial
Impressum